Samstag, 23. Februar 2013

Geschichtestunde

Als Deutschassistent werde ich natürlich in den Deutschstunden eingesetzt. Daneben habe ich aber auch in einer Euroklasse, die Geschichte auf Deutsch hat, unterrichtet (und zwar eine Stunde über Österreich-Ungarn jenseits der in Frankreich sehr bekannten Sissi-Filme).

Überhaupt habe ich den Aufenthalt in Frankreich ein bisschen dazu genutzt, mich mit der Geschichte des Landes auseinanderzusetzen, vor allem auch mit der Geschichte meiner Region Lothringen, die durchaus auch für ganz Europa interessant ist. Und dieser Post ist vor allem an jene gerichtet, die sich auch ein bisschen dafür interessieren. Jetzt bin ich kein Historiker und hab mir das meiste aus meinem Vorwissen, meinen Reiseführern und meiner Lieblings-Online-Enzyklopädie zusammengereimt. Aber wenn einer meiner Historikerfreunde diesen Beitrag liest und ihm ein Fehler auffällt, soll er mir bitte Bescheid sagen.

Von Karl dem Großen habe ich nicht viel gewusst, außer dass er am 2. April Geburtstag hat und dass irgendwas Wichtiges am 24. Dezember 800 passiert ist (und nicht einmal das stimmt, denn er ist am 25. Dezember 800 zum Kaiser gekrönt worden; ob am Vortag etwas Wichtiges passiert ist, weiß ich nicht, aber kurz vor einer Krönung zum Kaiser ist man sicher auch nervös oder so). Auf jeden Fall stirbt Karl der Große, der Kaiser des Fränkischen Reiches, 814, und nach seinem Tod wird dieses Reich im Vertrag von Verdun 843 in das Westfrankenreich und in das Ostfrankenreich aufgeteilt. Das Westfrankenreich ist der Vorläufer des heutigen Frankreichs, und aus dem Ostfrankenreich ensteht später das Heilige Römische Reich und in weiterer Folge Deutschland. Ja, es gibt noch eine kurze Zeit einen dritten Teil, das Lotharii Regnum, aber das wird schon kurze Zeit später wieder aufgelöst. Es ist aber vielleicht ganz interessant zu wissen, dass sich daraus der Name "Lothringen" ableitet.

Warum das so wichtig ist (nicht die Entstehungsgeschichte des Namens Lothringen, sondern die Reichsteilung)? Man könnte sagen, dass in einer Stadt keine Autostunde von mir entfernt die Aufteilung eines großen Teils Europas in Frankreich und Deutschland besiegelt wurde, und das ist sicher keine unwichtige Entscheidung für die Weltgeschichte. Und: Verdun steht als Symbol ja noch für viel mehr ... Aber dazu später.

In Nancy steht auf einem zentralen Platz eine Statue von Stanisław Bogusław Leszczyński:


Wie kommt eine Statue mit einem so polnischen Namen nach Frankreich? Das ist auch aus österreichischer Sicht interessant: 1736 will Franz Stephan von Lothringen Maria Theresia von Österreich heiraten. Die Begeisterung des französischen Königshauses hält sich aber in Grenzen, weil so der Einfluss der Habsburger in ihrer Nähe steigen könnte. Und so wird Franz Stephan dazu gedrängt, auf Lothringen zu verzichten. Er bekommt dafür die Toskana, ist ja auch nicht so schlecht. Und das Haus Habsburg heißt seither Habsburg-Lothringen.

Und als Herzog von Lothringen wird eben der polnische König Stanislaus I. eingesetzt, der praktischerweise auch noch gleich der Schwiegersohn des französischen Königs Ludwigs XV. ist, denn dadurch fällt das Herzogtum nach seinem Tod automatisch an Frankreich. Und seither ist Lothringen ein Teil von Frankreich.

Naja, mit Unterbrechungen. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870 bis 1871 werden das Elsass und ein Teil Lothringens (das heutige Département Moselle) als Reichsland Elsass-Lothringen in das Deutsche Reich eingegliedert. Und obwohl das Elsass und Lothringen davor keine gemeinsame Geschichte gehabt haben, werden seither immer wieder beide Regionen gemeinsam genannt, auch in französischen Reiseführern beispielsweise.

Dass ein Teil Lothringens zum Deutschen Reich gehörte und ein anderer Teil nicht, zeigt sich auch sehr schön an den Stadtbildern von Metz und Nancy. In Metz errichtet der deutsche Kaiser Wilhelm II. um den Stadtkern herum sehr protzige Monumentalbauten, um die Macht des Deutschen Reiches zu demonstrieren. Auch der Bahnhof in Metz (erstes Bild) wird gebaut, der den Transport einer kompletten Armee innerhalb von 24 Stunden ermöglichen soll:

 
 

In Nancy hingegen, das nicht zum Deutschen Reich gehört, entwickelt sich das Stadtbild in dieser Zeit ganz anders, obwohl es keine fünfzig Kilometer von Metz entfernt liegt. Nancy wird ab den 1880er Jahren eine Hochburg des Jugendstils, die auf einer Stufe mit Städten wie Paris oder Wien steht:

 
 

Im Ersten Weltkrieg findet die Schlacht von Verdun statt, die als Symbol für die Sinnlosigkeit von Krieg hervorragend geeignet ist, weil Hunderttausende Menschen in dieser Schlacht sterben und sich die Front dabei kaum verschiebt. (Ein bisschen mehr habe ich im Post "Erste Ausflüge nach Verdun und Metz" geschrieben.)

Nach dem Ersten Weltkrieg gehören das Elsass und Lothringen wieder zu Frankreich. Dass Metz einmal deutsch war, erkennt man auch leicht, wenn man die Namen auf der Gedenktafel für französische Gefallene am Metzer Bahnhof liest:


Verdun steht aber auch für die Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland, denn 1984 gedenken hier François Mitterand und Helmut Kohl gemeinsam der Toten des Ersten Weltkriegs:


Heuer wurde übrigens das fünfzigjährige Bestehen des Élyséevertrages gefeiert, in dem Deutschland und Frankreich verstärkte Zusammenarbeit vereinbart  haben, und das war nach den Jahrzehnten und Jahrhunderten davor wohl nicht selbstverständlich ... Und auch für den Deutschunterricht in Frankreich war dies etwas ganz Besonderes. Zum Beispiel wurde in einer meiner Schulen eine Ausstellung zum Tag der deutsch-französischen Freundschaft und zu Toleranz gestaltet:

Montag, 18. Februar 2013

Wo ich sonst noch war - ein zweiter Zwischenstand

Zum Abschluss der Weihnachtsferien (nach Marseille) war ich noch in Aix-en-Provence. Das war die wärmste Stadt, die ich besucht habe, wo es Anfang Jänner in der Sonne sicher über 20 °C gehabt hat.
ein Gässchen in der Altstadt von Aix
ein anderes Gässchen mit einem Turm

Und ich war in Châlons-en-Champagne, der Hauptstadt der Region Champagne-Ardenne. Sicher kein typisches Touristenziel, aber eigentlich auch nicht schlecht. Dennoch: Wenn man, wie das Touristenbüro der Stadt auf ihren öffentlich aufgestellten Stadtplänen mit eingezeichneten Rundgängen vorschlägt, für einen Rundgang ein bis zwei Tage brauchen will, muss man schon sehr viel Champagner zwischendurch trinken ...
Irgendwie hat jede französische Stadt eine
eigene Kathedrale, auch Châlons.
Fachwerkhäuser an einem Kanal der Marne

Die Stadt Thionville ist vielleicht so wie Sankt Pölten: Man kennt sie vor allem vom Durchfahren. Aber sie war schon sehr oft Ausgangspunkt meiner Reisen, weil dort alle Züge zwischen Luxemburg und Metz (und in weiterer Folge Paris) stehen bleiben, daher darf ich sie nicht so vernachlässigen; und einen Hauptplatz oder so was gibt's eh überall.
Rathaus von Thionville
Skulptur eines Wildschweins

Von Thionville ausgehend habe ich zum Beispiel mein Normandie-Wochenende im Jänner gestartet. Yvetot ist in Bezug auf meinen Blog eine ganz besondere Stadt: Mit dem folgenden Foto habe ich alle Sehenswürdigkeiten der Stadt lückenlos dokumentiert, und das habe ich sonst bei keiner Stadt. (Zur Erinnerung: Yvetot ist Bennis Stadt, und die zweite Sehenswürdigkeit habe ich bereits im Beitrag "Les Vacances de la Toussaint" gepostet.)
Kirche von Yvetot

Dann habe ich mit Benni noch die Stadt Fécamp besucht. Die Stadt selber finde ich jetzt nicht so berauschend, aber man fährt dort vor allem wegen der Alabasterküste mit ihren eindrucksvollen Steilklippen hin.
Blick über die Stadt Fécamp
Ein Abschnitt der Alabasterküste. Leider war das Wetter
etwas trüb. Das soll vorkommen in der Normandie.

Und ich zähle es zwar zum Normandie-Wochenende, aber eigentlich liegt Amiens nicht mehr in der Normandie, sondern in der Picardie. Die Stadt ist vor allem wegen ihrer Kathedrale bekannt, die das höchste Mittelschiffgewölbe in ganz Frankreich hat.
Belfried von Amiens
eine Uhr
Die Kathedrale von innen. Von außen hab ich kein schönes
Foto, aber im Internet findet man sicher genug ...

Das belgische Sankt Pölten/Thionville/Mosonmagyaróvár heißt Arlon, ist ungefähr 20 Autominuten von mir entfernt und auch sehr praktisch zur Weiterreise innerhalb Belgiens, weil dort alle Züge zwischen Brüssel und Luxemburg halten.
Grand'Rue
Eglise Saint-Donat

Arlon war zum Beispiel der Ausgangspunkt für mein Belgien-Wochenende mit Martin in Antwerpen, ich glaube, bis jetzt die schönste Stadt, die ich in Belgien gesehen habe (inklusive denen, die ich bereits vor meiner Assistenz gekannt habe).
Bahnhof von Antwerpen
Blick vom Groenplats Richtung Kathedrale
Grote Markt

Dann war ich in Mons, Martins Stadt, für die es sich vielleicht nicht lohnt, extra nach Belgien zu fahren, die mir aber trotzdem auch ganz gut gefällt und in der auch am Abend ziemlich viel los war.
Rathaus von Mons
Häuser am Grand'Place
Ich trinke mit Charlotte und Martin ein flambiertes Bier.
Was es nicht alles gibt in Belgien ...

In meinem Reiseführer steht: "Laut, rußig, düster - Lüttich, die Industriestadt an der Maas, die 'Stadt mit dem eisernen Himmel', macht es dem Besucher nicht leicht, sie zu schätzen." Und wenn das ein Reiseführer schreibt, heißt das eigentlich nichts Gutes ... Aber so schlimm war's dann meiner Meinung nach bei Weitem nicht. Lüttich ist vielleicht nicht unbedingt eine Stadt, die man unbedingt gesehen haben muss, aber wenn man in der Nähe ist, kann man meiner Meinung nach durchaus hinfahren und ein paar schöne Stunden verbringen.
Der Bahnhof von Lüttich ist etwas anders als der in
Antwerpen, aber ich find ihn trotzdem sehr interessant.
fürstbischöfliches Palais

Montag, 11. Februar 2013

Effizient reisen

Was ist eine Semaine banalisée? So genau weiß ich das zwar auch nicht, aber da haben die Schüler Prüfungen und die Assistenten keinen Unterricht. Und bei uns in der Schule war das in der ersten Februarwoche der Fall, und die habe ich wieder zum Reisen genutzt.

Aus diversen Gründen war ich die meiste Zeit allein unterwegs, und wenn ich allein reise, neige ich dazu, innerhalb der mir gegebenen Zeit so viel wie möglich sehen zu wollen. Also: Auf geht's, wir haben viel vor:


Narbonne

Zuerst einmal mit dem Nachtzug nach Narbonne. Da gibt's keine Gepäckaufbewahrung am Bahnhof. Daher mit dem Bundesheerrucksack durch die Stadt, aber eh nur für einen halben Tag. Nette Stadt, kann man aber auch weglassen.




Carcassonne

Allez: noch am selben Tag nach Carcassonne. Cité (mittelalterlich): beeindruckend. Wetter: verregnet. Wind: eisig (strategisch günstig für eine mittelalterliche Festung).




Albi

Ab nach Toulouse! Was? Morgen Streik und kein Zug nach Albi? Dann heut noch! Schnell! Geht sich aus in 3 Std.!! Empfehlenswert (geilo) + UNESCO-Welterbe!!




Toulouse

Wertung: ***. Mut zur Lücke → alles an 1 Tag sehen. Zu Fuß das Gros der Sehenswürdigkeiten lt. Touriinfoinfoheftl (d. s. 5 Stadt-¼ + 1 Museum) = 100 Fotos; zzgl. 2x Allongé




Braunschlag Lourdes

OMG / (ô_ó) / BTW: Stadt m. meisten Übernachtungen in ganz F (nach Paris)



(Anm.: 4. Reisetag ist noch nicht vorbei.)


Pause in Bordeaux

Jetzt lege ich einmal aus sozialen Gründen eine kleine Pause in Bordeaux ein, wo ich mich mit Fabi treffe. Den lang gehegten Wunsch, die Dune du Pyla oder den Weinbauort Saint-Emilion oder beides zu besuchen, lege ich einmal bis auf weiteres ad acta. Meine Füße haben einiges mitgemacht in den letzten Tagen, und so konzentriere ich mich vor allem auf Kaffee-, Tee- und Weintrinken (teilweise ist auch Markus, ein Freund von Fabi, dabei).




Tours

Nächster Halt: Tours. Eine m. E. überraschend lebendige Stadt (war nur als Ausgangspunkt für Besuch eines Loire-Schlosses gewählt.)


   
Keine Müdigkeit vorschützen, ein bissi geht noch, und die Heimfahrt wird noch eine Flodyssee ...


Blois

Ursprünglicher Plan: Tag in Blois verbringen und von dort heimfahren. Daher ruckzuck zum Schloss!



Doch: in ganz Blois keine Gepäckaufbewahrung (strengere Antiterrorbestimmungen wegen des Krieges in Mali); mit Bundesheerrucksack Schlossbesichtigung unmöglich → daher vite à la gare & weiter nach Orléans!


Orléans

Jetzt hab ich (weil ich früher von Blois weggefahren bin) 2 Std. Umsteigezeit, also schnurstracks ins Stadtzentrum + anschauen. Ganz nett; tiefergehende Beurteilung nicht möglich.




Paris

Wieder 3 Std. Umsteigezeit, also ratzfatz einen Stadtspaziergang hingelegt:



Und irgendwann um eins in der Nacht war ich wieder daheim in LWY.